Corona-Demos
Eine persönliche Einschätzung unseres Kreisvorsitzenden Julian Barlen
Heute hat – wie in vielen Städten – auch in Rostock wieder ein „Corona-Spaziergang“ stattgefunden. Rund 500 Personen versammelten sich zunächst auf dem Neuen Markt und gingen dann eine Runde. Klatschend. Mit „Wir sind das Volk“-Sprechchören. Ohne Masken und Distanz.
Ich habe mir mit Abstand selbst ein Bild gemacht. Neben Vertretern des AfD-Kreisvorstands und weiteren AfDlern waren auch Identitäre Bewegung, ca. 20-30 Hooligans und autonome Nationalisten mit dabei. Gleichzeitig aber auch (einzelne) mir bekannte „bürgerliche“ Gesichter wie ein Anwalt und ein Unternehmer. Keine Reden, kaum offensichtliche Positionierungen. Insofern demonstriert wohl jede/r erstmal für die eigene Wahrheit. Das dürfte wohl auch das Einzige sein, was diese total gegensätzliche Querfront eint.
In Wirklichkeit liegen die Intentionen meines Erachtens sehr, sehr weit auseinander. Während die klassischen Rechtsaußen und Neonazis Corona am liebsten als Hebel nutzen würden, im Rahmen einer paradoxen Intervention unsere gesamte freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen, fühlen sich andere durch staatliche Hygiene-Verordnungen derart in ihrer persönlichen Freiheit beschnitten, dass sie diktatorische Züge erkennen, die es zu bekämpfen gilt.
Einige demonstrieren das erste Mal und haben kein Vertrauen in die Regierung, für viele andere hänge schon lange „alles mit allem“ zusammen und sei längst nichts mehr wahr, wieder andere wollen den Protest aufstacheln, übernehmen und politisch gegen das System richten.
Was dabei beispielsweise ein Mundschutz mit „Merkel-Burka“ zu tun hat oder Kontaktbeschränkungen gegen ein weltweit aktives Virus mit Erich-Honecker-Methoden gemein haben, erschließt sich mir nicht. Ich halte das auch für deutlich übertrieben, teils absichtlich bösartig überspitzt.
Die Gemäßigten in der Demo müssen sich jedenfalls mindestens zwei Dinge fragen beziehungsweise klar machen: 1) Was wäre eigentlich ihre eigene Lösung für den verantwortungsvollen Umgang mit einem unbekannten Virus, das – wenn ungebremst – andernorts zu Klinik-Notstand und Massengräbern führt. 2) Wieso zur Hölle laufen ohne jegliche Distanzierung Neonazis mit?
An Antwort 1) können wir uns alle nur herantasten. Die Landesregierung tut das meines Erachtens sehr verantwortungsvoll und mit der permanenten Unterstützung der Wissenschaft. Frage 2) ist einfach: Geht gar nicht. Dann darf man selber nicht mitlaufen, wenn man sich nicht mit Neonazis gemein machen möchte. Oder es findet eine klare Distanzierung statt. Davon war heute nichts zu sehen.